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Nachgefragt bei Pille

Die Liebe zur Musik hat uns vor vielen Jahren zusammengeführt. Pille lernte ich als Schlagzeuger kennen, heute ist er beruflich Tontechniker, produziert nebenbei Musik im Homestudio, trommelt aber immer noch. Als ehemaliger Musikfachverkäufer ist er auch ein super Beispiel dafür, welche Jobs durch Musik überhaupt möglich sind. Wie er mit der Musik angefangen hat, was ihn am Musikproduzieren fasziniert und welche Bands & Projekte er neben unserem gemeinsamen Musikprojekt am laufen hat bzw. hatte, verrät er in diesem Interview. Ich finde seinen Werdegang wirklich spannend und freue mich daher sehr, ihn hier vorstellen zu dürfen. Bei ihm heißt es:

„Es kommt darauf an, was man daraus macht!“

Pille
© Foto: Sabine Graichen

10 Fragen an Pille

1.) Seit wann bist Du musifiziert?

Pille: „So richtig musifiziert bin ich seit meinem 9. Lebensjahr (1990). Mein Vater fing zu dieser Zeit wieder an, mit einer Band Musik zu machen. Da war ich oft im Proberaum dabei und hab mir angeschaut, wie er Schlagzeug spielt. Das fand ich sehr beeindruckend. Ich durfte auch alleine in den Proberaum. Das nutze ich aus und hab fleißig trommeln geübt. Als mein Vater Auftritte hatte, durfte ich dann auch mal für ein oder zwei Nummern mit ihm den Platz tauschen und hatte so auch ziemlich schnell meine ersten kleinen Auftritte. Da wurden vorwiegend irgendwelche Oldies gecovert. Später kam dann die erste eigene Schülerband, mit der wir auch wild drauf loscoverten. Das klang oft nicht sehr schön, machte aber Spaß und brachte jede Menge Anerkennung bei den Mitschülern und Lehrern.“ 🙂

2.) Womit fängst Du beim Songwriting an?

Pille: „Als Songwriter würde ich mich jetzt nicht bezeichnen. Ich hab noch nie einen kompletten Song geschrieben, der es geschafft hat, veröffentlicht zu werden. Wenn ich im Studio bin und mich mal die Inspiration packt, setze ich mich hin und bastele eins – zwei Stunden herum. Ich experimentiere dann viel mit Sounds und Rhythmen, und am Ende hab ich nen interessanten Loop von vier bis sechzehn Takten Länge. Der verschwindet dann in der Schublade und wartet darauf, irgendwann als Idee für eine Auftragsproduktion verwendet zu werden.

Allerdings beteilige ich mich häufig am Entstehungsprozess von Produktionen „richtiger“ Künstler. Das beinhaltet die Hilfestellung beim Erstellen von Grooves, beim Arrangieren von Songs, bis hin zum Mischen und Mastern der Werke. Dabei höre ich mir das vorhandene Material zuerst einmal an und mache mir Notizen. Also was brauch der Song oder der Clip, was hilft der Produktion, was stört und so weiter. Und dann werden die Stichpunkte abgearbeitet. Manchmal produziere ich Halbplaybacks. Da besorge ich mir eine Vorlage und baue das Stück dann nach.“

3.) Wie ist Dein erstes bzw. letztes Album entstanden?

Pille: „Das erste Album, auf dem ich als Drummer mitwirken durfte, hat keinen Namen. Meine damalige Band (ALIGN) bekam die Möglichkeit, im Rahmen eines Workshops im Blitzableiter (Jugendclub in Roßlau), Aufnahmen zu machen. Der Workshop ging 6 Tage und wir haben unsere 4 coolsten Songs aufgenommen und gemischt. Gemastert wurde das Ganze dann vom Veranstalter (früher „C4 Academy“). Damals benutzten wir ausschließlich analoges Equipment! Also ne richtige Bandmaschine, ein riesiges Pult und ein monstermäßiges Siderack mit Kompressoren, Effekten, EQs und so weiter.

Heute mache ich fast alles am Rechner. Das ist natürlich sehr komfortabel und die heutige Leistung der Computer ermöglicht eine sehr gute Qualität. Das absolute Nonplusultra daran ist die Möglichkeit, abspeichern zu können. Man kann ein Projekt immer wieder öffnen (sogar noch Jahre später!!!) und Veränderungen vornehmen. Versuch das mal mit analogem Equipment! 😀

Das erste Album, welches komplett in Eigenregie entstand, war „Empathie“ von meiner Freundin Sabine Graichen alias Binegra. Bine sprühte vor Kreativität und ich hatte mich gerade in das Thema Musikproduktion & Homerecording eingearbeitet. Und so entschieden wir uns, gemeinsam an ihrem ersten Album zu arbeiten, welches 2014 erschien.

Das letzte Album, an dem ich mitgewirkt hab, ist die Promo-CD von CASPER HIGHT UND MIZ BEATZ. Sie heißt „Feuer und Eis“ und ich durfte das Mastering übernehmen. Ich bekam die Stems per Dropbox zugeschickt und begann zu arbeiten. Wenn ich der Meinung war, etwas Brauchbares anbieten zu können, hab ich die Tracks zurückgeschickt. Dann wurde hier und da noch etwas korrigiert, bis alle zufrieden waren.“

4.) Mit welchen Programmen arbeitest Du & womit nimmst Du auf?

Pille: „Die DAW meiner Wahl ist REAPER. Und das hat einen ganz einfachen Grund. Es ist das Programm, mit dem ich angefangen hab, mich mit Musikproduktion zu beschäftigen. Ich arbeite schon sehr lange damit und kenne es in- und auswendig. Die meisten DAWs sind heutzutage sehr leistungsstark, aber ich merke, dass ich beim Arbeiten mit anderen DAWs viel langsamer bin, weil alles anders ist, als ich es gewohnt bin. Darum versuche ich immer mit REAPER zu arbeiten, wenn es geht.

Ein großer Vorteil von REAPER im Vergleich zu anderen DAWs ist die Tatsache, dass man es komplett den eigenen Bedürfnissen anpassen kann. Das fängt bei der Optik an, geht weiter über persönliche Menüs und Funktionen, bis hin zur persönlichen Ordnerstruktur der Projekte. REAPER kommt mit nahezu jeder Art von Mediendateien zurecht (auch Video), die Installationsdatei ist nur ca. 11MB groß und ich darf meine Lizenz auf so vielen Rechnern benutzen, wie ich will. Ich kann meine persönlichen Einstellungen auch exportieren und so ist jedes REAPER auf jedem Rechner für mich gleich. Außerdem ist die Community im REAPER-Forum sehr, sehr nett und hilfsbereit. Da bleibt wirklich keine Frage unbeantwortet. Grandios!!!“

5.) Was tust Du, um Leute auf Deine Werke aufmerksam zu machen?

Pille: „Wenn man einen Song oder ein Album veröffentlicht, bieten sich die sozialen Netzwerke natürlich super an. Momentan ist mein Output an Studiowerken aber ziemlich klein. Ich bin zurzeit viel mehr als Tontechniker unterwegs und arbeite als Beschaller bei Konzerten und TV-Produktionen. Das beinhaltet die Planung von Beschallungskonzepten, den Aufbau und die Einrichtung von Beschallungssystemen sowie die Betreuung und Bedienung der Systeme während der Shows.

In diesem Job musst du durch Leistung glänzen und dich gut verkaufen können. Da ist der Moment wichtig. Der muss perfekt sein. Denn am Ende hast du nichts, was du anfassen kannst. Du hast keine CD, die du zu Promotionzwecken weiterreichen kannst. Bei den TV-Produktionen bekommt man vorm Fernseher von der Beschallung vor Ort nichts mit (wenn es gut gemacht ist). Du hast nur die Chance, es vor Ort gut zu machen und so einen entsprechenden Eindruck zu hinterlassen. Wenn eine Produktion vorbei ist, ist sie vorbei. Dann kommt es darauf an, dass du abgeliefert hast. Das muss sich rumsprechen und dann wirst du wieder eingekauft. Sicherlich kann man auch mal Fotos seiner Arbeit auf sozialen Netzwerken posten, doch das sagt nichts darüber aus, ob man den Job gut gemacht hat. Aber es erzeugt vielleicht Interesse an deiner Tätigkeit.“

6.) Um welche Aufgaben kümmerst Du Dich noch selber und was übernehmen Deine Kollegen oder ggf. professionelle Partner?

Pille: „Das ist unterschiedlich. Wenn ich auf einer Produktion bin, dann sind die Arbeiten meist im Vorfeld recht genau verteilt. Da weiß jeder Beteiligte, was zu tun ist. Und das beinhaltet so ziemlich alles, was auf einer Produktion an Arbeiten anfällt. Auf- und abbauen tun wir alle. Ich sitze häufig am Pult und manchmal ziehe ich Kabel auf der Bühne.

Bei Binegra bin ich für das Mischen und Mastern zuständig. Früher habe ich mich viel intensiver am Produzieren ihrer Songs beteiligt, aber mittlerweile sind Bines Skills so gut, dass sie das zu einem großen Teil selbst macht. Ich bekomme häufig vorproduzierte Songs vorgelegt, mit der Aufgabe, sie gut klingen zu lassen.“ 🙂

7.) Dein bisher schönstes Musiker-Erlebnis oder Dein größter Erfolg:

Pille: „Da gibt es sehr viele. Es gibt jetzt nicht das eine Erlebnis, welches besonders hervorsticht. Beim Musizieren gibt es immer magische Momente. Vor allem wenn man Live mit anderen Musikern vor Publikum spielt. Der Moment, wenn die Band groovt und das Publikum mitgeht; das verursacht regelmäßig Gänsehaut. Oder jedes Mal, wenn ein Album fertig geworden ist. Das ist immer eine echt schwere Geburt, weil das Gelingen des Projektes jedes Mal von wahnsinnig vielen Faktoren abhängt. Wenn du dann nach diesem ganzen Kraftakt die CD in der Hand hältst, ist das schon ein tolles Gefühl.

Oder jedes Mal, wenn ich neue Skills erlange. Dieses Gefühl kommt der Freude gleich, die ein Kind empfindet, wenn es das erste Mal ohne Stützräder Fahrrad fährt. Geil! In meinem Job als Tontechniker bereite ich mich auf jede Produktion sehr intensiv vor. Und wenn dann Vorort alles spielt, der Sound super ist und sich der Künstler und der Kunde für die gute Arbeit bedanken, fühlt es sich jedes Mal an, als würden „1000 Schmetterlinge in mich eindringen, die sich dann multiplizieren und dann explodieren!“…..“ 😀

8.) In wie vielen Bands / Musikprojekten hast Du bisher mitgewirkt?

Pille: „Die erste Zeit meines Musikerdaseins war ich ausschließlich Schlagzeuger in wirklich vielen Bands. Zeitweise hatte ich 5 Projekte gleichzeitig am laufen. Und da waren nahezu alle Musikrichtungen dabei. Ich spielte Covers mit meiner ersten Schülerband (SALADGE), spielte eigene Rockmusik mit meiner zweiten Band (ALIGN), spielte in der Band eines Gospelchors, trommelte in einer Hardcore Band (GUSH), coverte die Böhsen Onkelz (Erhöhte Gebühren), INSOMNIA war eine Alanis Morissette Coverband, BANGRANTISIO war Hip Hop, POCKET CAR war eher so die rockige Richtung, ich durfte in der JUGEND BIG BAND ANHALT unter der Leitung von Detlef Metzner mit wirklich grandiosen Musikern spielen. In einigen TOP40 Bands hab ich auch mitgemacht. Oh! Und nicht zu vergessen: DIE TORNADOS! (Ska) Man, man, man. Das war echt eine sehr aufregende Zeit. 😀 Wir hatten richtig viele Auftritte, produzierten einige Alben, und tourten sogar durch Europa. Das war wirklich Rock‘n‘Roll!

Heute spiele ich recht wenig Schlagzeug. Manchmal mit der Band JAZZFEEL, oder als Aushilfe in verschiedenen Projekten. Mein derzeitiger Job lässt eine feste Band nicht zu. Wenn ich heute Musik mache, dann meistens am Rechner, zu Hause oder im Studio mit meiner Partnerin Sabine Graichen. Mit ihr hab ich beim TRINITY PROJEKT (Electronica-Pop) das erste Mal als Produzent gearbeitet und hatte auch das erste Mal Kontakt mit einem Musikbearbeitungsprogramm (im Jahr 2010). Heute unterstütze ich sie bei ihrem Soloprojekt BINEGRA und wir arbeiten gerade an einem neuen Album. Wir spielen auch mit dem Gedanken, unser altes Projekt wieder aufleben zu lassen, weil wir beide den Reiz der elektronischen Klänge und der englischen Sprache wiederentdeckt haben. Mal sehen, wie sich das entwickelt. Wir suchen dafür übrigens noch Mitmusiker. Es darf gern jemand sein, der auch eine Affinität zu elektronischen, sphärischen Sounds hat.“

9.) Hast Du eine musikalische Ausbildung genossen? Wenn ja, welche?

Pille: „Eine musikalische Ausbildung hab ich nicht genossen. Das lief bei mir über Learning by Doing. Ich hab immer viel geübt und probiert. Sehr viel habe ich mir auch einfach abgeguckt. Wenn es die Möglichkeit gab, jemandem beim Trommeln oder Produzieren zuzuschauen oder Fragen zu stellen, dann hab ich das gemacht. Das ist sicher nicht der optimale Weg, aber es hat mich jedes Mal ein Stückchen weitergebracht.“

10.) Welchen Tipp hast Du für junge Musiker und Bands?

Pille: „Hm, mein Tipp. Also… macht Musik, macht euer Ding, aber bleibt auf dem Teppich und seid dankbar. Die Performance ist sehr wichtig, aber man hat ständig mit vielen Leuten Kontakt (Agentur, Veranstalter, Techniker, Publikum…) und man zieht als Band immer Aufmerksamkeit auf sich. Also versucht einen guten Eindruck zu hinterlassen. Ein freundliches Wort zum gestressten Veranstalter oder Techniker bewirkt manchmal Wunder. Schimpfwörter, Arroganz und verwüstete Backstageräume wirken auch, aber eher mit unerwünschten Effekten.“

Vielen Dank für das Interview an Pille.

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