Nach meinem letzten Blogbeitrag ging es für mich mental bergab. Zwar wollte ich mich selbst mal wieder richtig in die Vollen stürzen, um auch meine Projekte anzutreiben. Doch all die Ideen, die mich permanent aufforderten, musste ich auf Eis legen. Ich war blockiert und konnte einfach nichts tun. Tage und Wochen vergingen, ohne produktiv zu sein, To-do-Listen drohten meinem Gewissen und ich fühlte mich schlecht. Doch ich wollte einfach nur sein, atmen, mal nichts müssen, nichts vorbereiten oder abarbeiten. Da war null Energie vorhanden. Ich zog mich für eine ganze Weile zurück und versuchte es zunächst mit Ruhe. Ich las Bücher über Psychologie und Selbstmanagement, schaute mir Videos dazu an, lenkte mich ab, ging spazieren und versuchte zu verstehen, was mit mir „nicht stimmt“. Zeitweise konnte ich meine Blockaden wieder überwinden. Die Erkenntnisse, die ich bisher sammeln konnte und warum es mir hilft, kreative Blockaden verstehen zu lernen, verrate ich in diesem Beitrag.
Ich bin doch keine Maschine…
Wie es ein deutscher Popstar in seinem Lied schon festgestellt hat, wurde auch mir klar, ich bin keine Maschine. Ich kann mich nicht einschalten und immer funktionieren. So geht das eben nicht! Auch wenn man im Land der Frühaufsteher (Sachsen-Anhalt/Deutschland) lebt, wo alle immer so fleißig und tüchtig sind, so korrekt und diszipliniert, – wie man immer sagt, – so muss man sich eingestehen, dass es entweder nicht auf alle Einwohner zutrifft oder man muss eben auch mal den individuellen Menschen betrachten. Jeder von uns hat eine andere Erziehung genossen, hat eine andere Einstellung, andere Grundvoraussetzungen und jeder hat auch nicht gleich viel Energie zur Verfügung. Das heißt, wir dürfen uns (uns selbst zuliebe) auch nicht ständig mit anderen vergleichen und hetzen lassen. Wie meine Oma immer sagt: „Unter jedem Dach ein Ach!“ – jeder hat so seine Geschichten…
Es fehlt nicht Motivation, sondern Erholung.
In meinem mentalen Tief bin ich auch mal wieder auf dem Kanal meiner Lieblings-YouTuberin gestrandet und habe genau das passende Video zu meinem Dilemma gefunden. Moin Yamina erklärt in ihrem Video Uns fehlt’s nicht an MOTIVATION, sondern… ERHOLUNG, dass wir nicht einfach faul und unmotiviert sind, sondern dass uns einfach die richtige Erholung fehlt. Sie erklärt, wie Stress entsteht, wenn es sich nicht freiwillig oder sinnerfüllt anfühlt. Und ja, sie hat Recht, meine endlos wachsenden To-Do-Listen haben oft einen sehr befehlshaberischen Unterton, auch wenn ich mir die Arbeit ja eigentlich frei einteilen kann. Es fühlt sich vieles gezwungen an. Aber was muss, das muss! Nicht wahr? Yamina erklärt allerdings auch: „Wenn du willst, es aber trotzdem nicht tust, dann bist du nicht unmotiviert. Was du brauchst, ist ganz klar Erholung, aber deine Erholungsstrategie hat ja nicht funktioniert“. Mit diesem Ansatz bin ich zu einem weiteren Video gelangt, was mir zusätzlich Aufschluss gab.
Die Kreativität kommt von ganz allein zurück, wenn…
…man nichts tut. Was? Kreativität kommt, wenn man nichts tut? Ja! – Aber nur, wenn man tatsächlich NICHTS tut. Das bedeutet, man darf sich auch nicht ablenken. (Auch kein TV, Netflix & Co.) Persönliche Erfahrungen vermittelte YouTuber Peter Beer in seinem Video: Ich habe 5 Tage NICHTS getan (Das ist passiert). Für dieses Experiment verbrachte er 5 Tage allein in einer Hütte im Wald und zwang sich dazu, nichts zu tun, außer zu meditieren und Löcher in die Luft zu starren. – Ohne Handy oder Laptop, ohne Menschen etc. – also ohne Ablenkung! Einfach nur sein! Doch bereits am ersten Tag stellte er fest: „Der Grund, warum wir das Alleinsein und die Stille so meiden, ist der, dass wir Angst haben, dass tief in unserer Psyche etwas ist, das hochkommt“, und er erklärt, warum unser Alltag deshalb gewöhnlich ein einziges Davonlaufen ist. Nachdem er sein persönliches mentales Tief im Experiment durchlaufen hatte, stellte sich jedoch am 3. Tag das Zeitgefühl und die Selbstwahrnehmung um und am 4. Tag meldete sich die schöpferische Energie zurück. Das klingt vielversprechend, dachte ich mir. Allerdings, ich greife mal vor, klappt es nur, wenn man ansonsten auch mental gesund ist.
Sei sanft mit dir selbst!
Bei mir hat das nicht so easy geklappt wie bei Peter Beer. Ich hatte keine Hütte im Wald und ich habe sehr viel länger gebraucht, bis ich die Energie fand, meine Ideen auch umzusetzen. Eine gute Überbrückung waren für mich lange Spaziergänge in der Natur und Yoga-Übungen. Doch meine wichtigste Erkenntnis war: sei sanft zu dir selbst! Es bringt nichts, sich zu kreativen Dingen zu zwingen. Weder male ich dann ein gutes Bild, ich schreibe auch keinen guten Text oder bin in musikalischen Dingen überzeugend. Es fühlt sich dann nur widerwillig an. Und das Ergebnis wird so auch nicht überzeugen. Das Beste, was ich also tun konnte, war, Verständnis gegenüber mir selbst aufzubauen und meinem inneren Kind zu erlauben, sich jetzt auszuruhen und einfach nur zu sein. Als ich dann außerdem auch wieder mehr über die Psyche und die Besonderheiten des Künstlerseins las, was mein Verständnis für meine Situation noch verstärkte, kam auch allmählich die Freude an den künstlerischen Dingen zurück und erste kleine Ideen wollten umgesetzt werden. Ich malte ohne Erwartungshaltung, ohne Druck. Später ging es sogar in der Musik auch weiter.
Die Idee als kreatives Wesen
Doch woher kommen unsere Ideen eigentlich? Im Buch Die Tiefenpsychologie nach C.G. Jung* von Verena Kast heißt es: „Der schöpferische Prozess wird hier als ein Wesen beschrieben, das sich verwirklichen will, sich durchsetzen will und dazu den schöpferischen Menschen braucht. … Das Bewusstsein ist in dieser Sicht vom Unbewussten nicht nur beeinflusst, sondern geführt: Es gestaltet sich zu dem, was es aus sich selber werden will.“ Dort erklärt man, dass künstlerische Schöpfung das Unbewusste in uns bewusst macht und zur Selbstregulierung der Psyche verhilft. – Auch die Autorin Elizabeth Gilbert schrieb in ihrem Buch Big Magic*: „Ideen sind eine körperlose, energetische Lebensform. … Ideen haben keine materielle Gestalt, aber sie haben ein Bewusstsein, und sie haben ganz sicher einen Willen. … Nur durch die Anstrengung eines Menschen kann eine Idee aus dem Äther ins Reich des Tatsächlichen geleitet werden. … Die Idee, die deine Offenheit spürt, wird anfangen, in dir zu arbeiten. … Sie wird dich nicht in Ruhe lassen, bis sie deine volle Aufmerksamkeit hat.“ – Sollten wir dann nicht ein bisschen Vertrauen haben und zusehen, dass wir offen und erholt sind, um Ideen empfangen und umsetzen zu können?
Zeit für etwas Selbstverständnis
Auch nach vielen Jahren und (Selbsthilfe-)Büchern entdecke ich immer noch viele spannende neue Erkenntnisse und werde bis zu meinem Lebensende auch nicht alles wissen und erfahren haben. Doch es funktioniert eben auch nur häppchenweise und mit dem Fokus auf genau das, was in diesem Augenblick wichtig ist. In dem Buch, was ich aktuell lese, von Lioba Werth mit dem Titel Als Künstler erfolgreich sein*, entdeckte ich weitere psychologische Ansätze, die mir zu mehr Selbstverständnis verhalfen. Dort heißt es: „Jeder Mensch braucht eine Identität, um psychisch und physisch gesund zu sein. … Als Künstler haben sie zudem die spezielle Situation, dass sie Freiberufler und nicht in ein berufliches System eingebettet sind, in welchem sie ihre Identität aus ihrer Position heraus gewinnen können (wie bspw. ein Oberarzt im Krankenhaus oder ein Meister in einem Handwerksbetrieb). Sie müssen sich in hohem Maße selbst Identifikation schaffen und an einer stabilen Identität arbeiten. … Sie müssen sich als Künstler selbst definieren, sie müssen hinter dem stehen, was sie tun und dieses als ausreichende Legitimation für diese Berufsbezeichnung anerkennen. … Bei einem so stark aus sich selbst heraus schöpferischen Beruf bzw. einer Berufung wie dem Künstlersein liegt häufig eine starke Bindung von »der eigenen Kunst und dem Ich« vor…“ – Was irgendwie gut erklärt, warum wir als Künstler nie Feierabend haben. Ist das ein Grund für Burnout bei Künstlern und Musikern?
Woher kommt die Motivation?
Das eben erwähnte Buch geht noch auf einen anderen Aspekt ein. Und zwar, was Motivation nährt oder auch zerstört. Wie wir intuitiv wissen, kann Motivation intrinsisch also aus dem inneren Antrieb kommen, weil wir Freude und Spaß an der Tätigkeit haben und es einfach so ohne Weiteres aus uns heraus sprudelt. Motivation kann aber auch extrinsisch, also von außen kommen. Dann nämlich, wenn es Druck von Außen gibt (wie bspw. Deadlines) oder Belohnung/Bezahlung/Wettbewerbe ins Spiel kommen. Die ursprüngliche Motivation eines Künstlers kommt von innen. Die Autorin Lioba Werth erklärt jedoch, dass wenn man es ständig nur noch für das Geld macht und käuflich wird, der eigene Antrieb ins Hintertreffen gerät. „Wenn man so will, ist finanzieller Erfolg zu Lebzeiten also eigentlich das Todesurteil jeder guten Kunst. … Seien sie achtsam, was ihr Antrieb ist – ihr Bedürfnis, etwas auszudrücken und ihm Form zu geben oder aber die Publicity, das Geld und die Aufmerksamkeit, die sie mit dem neu zu schaffenden Werk erreichen wollen.“
Fazit:
Halten wir also noch mal fest: Ideen kommen oft von selbst, wenn wir offen und richtig erholt sind. Wenn wir nicht motiviert sind, obwohl wir eigentlich wollen, fehlt es uns an der richtigen Erholung. Wenn unsere Motivation oft nur von außen kommt oder wenn wir uns zwingen, leidet die Kreativität. Jeder Mensch hat andere Ressourcen und Möglichkeiten. Es bringt nichts, sich zu hetzen oder sich mit anderen zu vergleichen. Wenn wir etwas über uns lernen und Verständnis für uns selbst aufbringen, auch mal ein Tief akzeptieren, hilft es, Blockaden aufzulösen. Als freiberuflicher Künstler ist die Situation etwas anders als bei Hobbykünstlern. Nicht nur, weil man damit Geld verdienen muss, wir identifizieren uns auch sehr stark mit unserer Arbeit. Finde heraus, wie du dich selbst identifizierst und definierst. Das hilft im ersten Moment weiter, sich selbst zu verstehen und auch für weitere Schritte besser einordnen zu können. Wenn du jetzt trotzdem unbedingt Ideen brauchst, dann lies mal meinen Beitrag „Keine Idee beim Songtexten?“ Leidest du hingegen schon länger unter Antriebslosigkeit und Energiemangel und bleibst blockiert, empfehle ich dir, einen Hausarzt aufzusuchen, um mögliche psychische/physische Erkrankungen ausschließen zu können. Ich wünsche dir alles Gute!
Kreativität ist halt keine Tüte Chips wo man einfach die nächste aufreisst und weiter gehts. Don’t worry. Nichts tun ist immer gut, allgemein eine sehr unterschätze Beschäftigung. Grüße! 🙂
Oh ja, das kann ich alles so gut nachfühlen.