Knapp einen Monat vor Weihnachten ist es wieder soweit. Etliche Künstler und Bands verspüren scheinbar wieder den unbändigen Drang, unbedingt etwas veröffentlichen zu müssen. „Man muss ja das Weihnachtsgeschäft mitnehmen!“, heißt es. Bei meinem ersten Soloalbum waren das ebenfalls meine Gedanken. Drei Tage vor Heiligabend hatte ich „damals“ meinen offiziellen Veröffentlichungstermin festgelegt. Das schien mir clever zu sein. Nun betrachte ich diese Idee von einer anderen Seite. Was ich heute von diesem Releasetermin halte und was meine Hoffnungen bzw. Bedenken dazu sind, verrate ich jetzt.
Tatsächlich denkt man als Künstler wohl so, wie viele andere auch: „Unbedingt Weihnachten mitnehmen und irgendwie nutzen!“. Möglicherweise ist das ja so ein typisches Schwarmverhalten. „Weil ganz viele (besonders berühmte) Musiker das so machen, muss ich das auch so machen.“ – Doch sollte man da als Selbstvermarkter nicht besser aus der Reihe tanzen? – Als Bloggerin bekomme ich mittlerweile, und gerade aktuell, viele Promotion-Mails von Agenturen, Labels und Künstlern. Und, rate mal, jaaaa…. jetzt vor Weihnachten bringen (gefühlt) alle ihre Singles und Alben raus. Whoohoo! Rette sich, wer kann. Aber mal im Ernst. Hat man zu dieser Jahreszeit oder besser gesagt zu diesem vorweihnachtlichen Wahnsinn nicht auch ziemlich viele andere Dinge im Kopf? Bei mir ist das immer eine Zeit, wo ich vor lauter Input und Reizüberflutung wirklich schnell die Nase voll habe.
Gedanken in der Vorweihnachtszeit
Man denkt darüber nach, was man wohl an Familie/Freunde verschenken könnte (falls man denn welche hat) und wie man die gemeinsamen Feiertage dann planen könnte. Bei uns Selbstständigen ist „die Hölle“ los und man bereitet sich schnaufend auf den Jahresabschluss vor. Das Ende ist nah, aber auch kräftezehrend. Für viele halten sich auf den letzten Metern noch sehr lukrative Aufträge bereit und wir Musiker werden überhäuft mit Anfragen nach weihnachtlichen Mitsingkonzerten, gerne auch im wohltätigen Sinne. Und so versucht man dann zumindest mit dem Verkauf von CDs eine kostendeckende „Gage“ zu erzielen. Ich halte mich mit „Charityauftritten“ in diesem Jahr bewusst zurück und lasse meinen Kollegen den Vortritt, das ist aber ein anderes Thema. Doch was bringt nun eigentlich die Veröffentlichung einer CD kurz vor dem Fest?
CD als Geschenk?
Die Grundidee ist glaube ich, dass man als Künstler hofft, dass die Menschen die CD als Geschenk kaufen werden. Ist ja immerhin ein Anlass. Man könnte nun aber meinen, dass viele ihre Weihnachtsgeschenke ja eh schon viel früher kaufen und eine CD zu kurz vor der Angst ja sowieso niemanden interessiert. Außerdem könnte man vermuten, dass jetzt eher Weihnachts-Alben gekauft werden. Und die Leute, die auf den letzten Drücker ihre Geschenke besorgen, die haben vielleicht gar nicht mehr im Kopf, dass da ja eine neue CD von Musiker XY rauskommen sollte. Man steht da in Wahrheit als Kunde eher erschlagen im Geschäft und orientiert sich an dem, was gerade da ist. Hauptsache man hat am Ende für jeden ein Geschenk dabei. Leider die wenigsten Künstler können ihre CDs gut platziert in den Handel bringen. Und als Selbstvermarkter steht man mit seinem Album sowieso kaum in den großen Märkten und Handelsketten, sondern verkauft seine CD nur auf eigenen Konzerten oder über seine Homepage. Wie soll der kaufwütige Kunde da also noch mal auf den Gedanken kommen, dass er die CD kaufen soll?
Release als Download?
Den Releasetermin eines Albums oder einer Single vor Weihnachten zu wählen, könnte sich vielleicht sogar noch schwieriger gestalten, wenn es sich „nur“ um einen Download handelt. Nicht falsch verstehen, ich weiß, dass das trotzdem Arbeit macht, mitunter viele Fans glücklich macht und ich habe damit ebenfalls meine Versuche unternommen. Doch wenn man so kalkuliert, dass die eigene Musik vielleicht als Geschenk gekauft werden soll und man auch deswegen diesen Zeitraum auswählt, dann sollte man vielleicht ebenso ein bisschen daran denken, dass Geschenke gern schön eingepackt werden wollen. Das gestaltet sich bei einem Download leider etwas schwierig.
Bedenken zum Release vor Weihnachten
Ein Gedanke drängt sich da noch auf: Ist es nicht irgendwie schade, dass die Musik gar nicht die volle Aufmerksamkeit und Beachtung bekommen kann, die ihr gebührt? Immerhin stehen jetzt die ganzen anderen „wichtigen“ Vorbereitungen der Menschen im Fokus. Zudem sind da noch die anderen vermutlich imposanten Weihnachtsgeschenke, die neben der CD eines Künstlers, quasi um Aufmerksamkeit buhlen. Nicht nur die Tatsache, dass plötzlich ganz viele andere neue Musikwerke den Markt überschwemmen, sondern auch der Fakt, dass die anderen potenziellen Weihnachtsgeschenke quasi zusätzlich eine Art Konkurrenz zur CD darstellen, könnte da doch eigentlich auch abschrecken. Statt das tolle Album zu kaufen, bastelt man seiner Familie für 20 Euro vielleicht lieber einen Fotokalender oder strickt ein paar Kuschelsocken. Worum geht es bei einem Releasetermin im Dezember eigentlich? Geht es nur darum, „mit dabei zu sein“?
Warum habe ich das eigentlich selber so gemacht?
Ursprünglich hatte ich damals geplant, mein Debütalbum im Oktober zu veröffentlichen, habe es aber zeitlich dann doch nicht geschafft. Ich hatte mich verschätzt. Viel zu lange habe ich für die Gestaltung des Booklets gebraucht und das war nur eine Baustelle. Plötzlich war der Oktober vorbei und ich wollte unbedingt noch bis Jahresende releasen, weil ich es ja so angekündigt hatte. Das mit dem GEMA-Freistellungsauftrag hat danach allerdings auch noch gedauert. Und bis die CDs vom Presswerk dann geliefert wurden oder auch die digitale Musik an die Onlineshops verteilt war, dauerte alles etwas länger, als ich erwartet hatte.
Meine Hoffnungen zum Release vor Weihnachten
Als ich mich daraufhin für den 21.12. als Releasetermin entschieden habe, was ich aus heutiger Sicht ziemlich bescheuert finde, tröstete ich mich mit Gedanken wie: „Ach das ist doch ein schöner Anlass um etwas zu veröffentlichen.“, und ja, auch: „Weihnachten ist ein besonderer Anreiz für die Leute meine CD zu kaufen. „Empathie“ ist doch bestimmt ein tolles Produkt zum Verschenken.“. Ich dachte, ich würde meinen ersten Fans eine große Freude damit bereiten. – Na klar! Viele haben sich in der Tat gefreut und das Album rechtzeitig auch schon vorbestellt, aber es ging sicher auch etwas unter neben den Tausenden anderen Verlockungen. Ich habe dann fleißig verpackt und verschickt, dass alle Käufer ihre CD zu Heiligabend unter dem Weihnachtsbaum liegen haben. Ich kann nur sagen, was für ein Stress, neben dem üblichen Weihnachtsstress! – Und dann so ganz ohne Vertrieb und Helfer. Aber es hat mich glücklich gemacht, CD für CD zu verpacken und stapelweise zur Post zu bringen. Daher kann ich auch jeden verstehen, der den Funken Hoffnung in sich trägt und meint, das wär der perfekte Zeitpunkt, um seine Musik auf den Markt zu bringen.
Wann denn dann?
Ich würde wohl lediglich Ende November oder im Dezember veröffentlichen, wenn es sich um ein Weihnachtsalbum oder einen Best-of-Sampler handelt. Ein Album, was jedoch nichts mit Weihnachten zu tun hat und auch nicht damit in Verbindung gebracht werden soll, das würde ich eher im Frühjahr bis Herbst rausbringen. Aber wie gesagt, das sind meine persönlichen Gedanken dazu, ich bin kein Verkaufsleiter in der CD-Abteilung. Mit fehlen brauchbare Statistiken von Selbstvermarktern.
Dass kurz nach Weihnachten oft keiner mehr Geld ausgibt, weil viele wieder sparen müssen, ist auch nur so ein Bauchgefühl. Also wär es mit den Verkäufen in den ersten beiden Monaten des Neujahres wohl ebenfalls schwierig. Ostern halte ich dabei für ähnlich problematisch wie Weihnachten. Ich würde eher einen Termin versuchen zu finden, an dem mein Produkt die angemessene Aufmerksamkeit bekommen kann. – Aber was weiß ich schon, schließlich ist Weihnachten/Ostern in vielen Branchen auch die verkaufsstärkste Zeit. Es ist meine persönliche Meinung und bloß eine Anregung, sich genauer Gedanken zu machen, bevor man unüberlegt seine Musik raushaut. Ein guter Zeitpunkt, um seine bereits vorhandenen Produkte zu bewerben und zu verkaufen, scheint die Vorweihnachtszeit ja dennoch zu sein.
Na und? Ich will aber…
Um trotzdem eine CD zur Weihnachtszeit verkaufen zu können, muss man ganz schön Werbung machen, damit man die Leute auch auf sich aufmerksam machen kann. Das ist definitiv nicht leicht und sollte zeitlich vorausschauend mit eingeplant und frühzeitig angekündigt werden. Selbst 10 Euro für eine CD hat nicht jeder spontan übrig, wenn man die stattdessen in geselliger Runde am Glühweinstand investieren kann. Es ist, denke ich, wichtig, dass man seine Zielgruppe, also seine Fans, gut kennt und definieren kann. Dann kann man auch gezielt Werbung schalten. Und dann klappt das mit den Verkäufen bestimmt auch. Bei mir hat es mit gezielter Facebook-Werbung und mit kleinen Konzerten recht gut funktioniert. – Umso kleiner das Konzert, umso besser! Ein Newsletter hilft übrigens auch sehr, weil man dann die Fans direkt erreichen und auf die Veröffentlichung aufmerksam machen kann.
Wie sind deine Erfahrungen mit einem Release kurz vor Weihnachten? Hast du eher Hoffnungen oder Bedenken dabei? Und welchen Tipp würdest du anderen Künstlern geben, die über einen Veröffentlichungstermin noch nachdenken? Hinterlasse hier gern einen Kommentar dazu. Ich freue mich, dass du auf musifiziert.de vorbeigeschaut hast. Bis bald.