Neulich bin ich wieder mit ein paar Musikbegeisterten ins Gespräch gekommen. Und dann wurde ich gefragt: “Gibt es eigentlich noch Band *** und tritt Künstler *** noch auf? Schon lange nichts von den *** gehört. Spielen die überhaupt noch? Und überhaupt, was ist eigentlich aus diesem Newcomer geworden?”. Schulterzuckend stand ich da und überlegte, wann ich wen zuletzt getroffen hatte und welche Ziele diese Musiker gerade anstrebten. Und dann fragt man sich natürlich, was da los ist. Doch letztendlich muss ich nur einen Blick in meinen eigenen Kalender werfen und meine eigene Situation anschauen und kann bereits einige Rückschlüsse ziehen und Erklärungen wagen.
Das ist noch nicht das Ende!
Sicher hat nicht jeder Musiker, von dem man nicht permanent etwas in der Presse oder in den sozialen Medien erfährt, auch gleich die Musik an den Nagel gehangen. Es gibt zwar Künstler und Bands, die sich auch mal mehr oder weniger offiziell auflösen, ihr Ende ankündigen, um es sich nach einiger Bedenkzeit vielleicht doch anders zu überlegen. Doch das sind vermutlich eher die Ausnahmen. Oft ist es größtenteils wohl einfach der alltägliche Kampf ums Überleben, der Zeit frisst und die Musik hinten anstellt.
Der Brotjob
Sei es der Angestelltenjob im Büro und die Familie, die sich nach Aufmerksamkeit sehnt. Oder aber die Arbeit als Selbstständiger, die oft nicht viel Zeit für „belanglose“ Auftritte nebenbei lässt. Zeit ist dabei gar nicht mal immer der Hauptgrund. Mag sein, dass man in einer Band Schwierigkeiten bei der Terminfindung hat, wenn alle anderweitig zu tun haben. Das ist natürlich auch eine Frage der eigenen Prioritäten. Ein anderer Grund liegt vielleicht aber auch eher in der Organisation.
Und wenn es doch ein Zeitproblem ist?
Wenn man kein „Winning Team“ hat, also eine Schar an Leuten, wo jeder einen anderen Aufgabenbereich übernimmt, dann ist es ganz klar auch ein Zeitproblem! Jedenfalls ist es logisch, dass wenn man gerade Songs schreibt und produziert, sich nicht zeitgleich um etwas anderes wie Auftritte oder Marketing kümmern kann – das gilt auch anders herum. Das kann zumindest nicht jeder! Konzerte zum Beispiel müssen ja auch gut vorbereitet werden. Gegebenenfalls muss man dafür erst die Halb-Playbacks erstellen, ein Programm aufbauen, ggf. neue Musiker einarbeiten und das Ganze auch proben. Dazu muss eine Menge Vorarbeit geleistet und Werbung gemacht werden. – Wenn es nicht ganz so halbherzig sein soll. – Geht also nur Step by Step!
Mal davon abgesehen, dass man ohne „Winning Team“ (die Bezeichnung finde ich übrigens super und wirklich treffend) eben sehr lange für die Abarbeitung einzelner Aufgabenbereiche braucht, stellt sich auch die Frage nach einer sinnvollen Vermarktung. Möchte man ein Album oder eine EP demnächst veröffentlichen und hat ein Marketingkonzept also eine Strategie vorbereitet, so sollte auch das mit eventuellen Auftritten abgestimmt sein.
Wie läuft das bei den “Großen”?
Wenn man mal die großen, etablierten Künstler betrachtet, kann man sehr gut erkennen, nach welchem System die Musikindustrie dabei vorgeht. Also mal ein Beispiel: erst hört man lange Zeit nichts vom Künstler. – Er oder sie schreibt ja fleißig Songs und erholt sich von den letzten Strapazen des “Berühmt-Seins” und des Medienrummels. Dann wird erstmals die Veröffentlichung eines Albums angekündigt, natürlich noch ohne Termin. Derweilen geht es in die Phase, wo die Songs im Studio aufgenommen werden. Es werden Musikvideos gedreht und Releases vorbereitet. Dann gibt es eine Single-Veröffentlichung mit Musikvideo. Bald wird das Album erneut angekündigt und es gibt einen offiziellen Termin. Die ersten „kleinen“ Promoauftritte sowie viel Presse- und Medienarbeit folgen, damit die Leute auf den Releasetermin hinfiebern. Plötzlich ist es endlich soweit. Das Album erscheint. Gleichzeitig ist eine Tour angekündigt, die Musiker sind bereits eingespielt. Und es folgt eine intensive Tourzeit. Zwischenzeitlich wird noch die eine oder andere Single mit Musikvideo ausgekoppelt. Und das Ganze wird, gespickt mit Fernseh- und Radioauftritten, so lange wie möglich in die Länge gezogen, um so viele Menschen wie möglich zu erreichen und möglichst viele Alben zu verkaufen. – Ich hoffe ich habe nichts ausgelassen.
Ja, aber das gilt ja nicht für unbekannte Künstler. Oder?
Gut, das eben war nur ein Paradebeispiel der Großen. Da, wo vermutlich mehrere „Winning Teams“ hinter jedem Künstler stehen und die Hände aufhalten. Wie läuft das aber bei den Kleinen ab, die noch alles allein machen? Da muss man ja auch irgendwie im Gespräch bleiben und seine Fans bei Laune halten.
Da ist es ähnlich! Doch kann man sich eben immer nur um einen Teilbereich kümmern. Und das der Reihe nach. So ist es, zumindest für mich, einfach ganz logisch, dass man von Bands und Künstlern auch mal eine Zeit lang nichts hört und keine Konzerte gespielt werden oder nicht gerade viele darüber in den (sozialen) Medien zu hören und zu sehen ist. – Jedoch…
Es gibt auch musikalische Talente, die sich noch zurückhalten.
Kennst du auch einige tolle Musiker(-innen) und Sänger(-innen) aus deinem Bekanntenkreis, die richtig gut sind, aber die niemand kennt? Man hört sie weder live noch online. – Oder nur selten. Aber du weißt, dass sie eigentlich richtig tolle Musik machen. Warum manche sich damit nicht in die Öffentlichkeit wagen und stattdessen ihre Stücke unter Verschluss halten, ist wieder reine Spekulation. Aber hier ein Versuch:
Sie konzentrieren sich nur auf Musik, nicht auf Verbreitung.
Bedeutet: Sie stecken 100 Prozent in den Erschaffungsprozess und kümmern sich dabei aber nicht oder kaum darum, dass die Musik in die Welt getragen wird. Entweder aus den oben genannten Gründen oder weil, sie sich einfach noch nicht damit beschäftigt haben. Die Musik findet eher zufällig Gehör. Es gibt keine Webseite, kein Marketing…Nichts, außer die Musik. Es müsste also jemand Zeit investieren, um diese Künstler zu vermarkten und eine Präsenz für die Öffentlichkeit erzeugen. Hier noch eine andere Theorie:
Musik ist Emotion = Verletzbarkeit!
Da man mit seiner Musik (eigentlich) seine Seele öffnet und seine Emotionen und Gefühle freilässt, macht man sich auch irgendwie verletzbar. Das ist ja fast wie die Hosen runter zu lassen und sich nackt zu präsentieren. – Und nicht jeder traut sich, einer anonymen Masse diese schöpferischen Perlen des inneren Ichs auch zu offenbaren. Man könnte Kritik erfahren oder Abwertung riskieren. Das möchte nicht jeder, der Musik macht. Manch einer macht es dann lieber nur für sich.
Weißt Du überhaupt, wie toll Du bist?
Nicht zuletzt bleiben sie in ihren eigenen 4 Wänden und beschenken sich mit ihrer eigenen Musik, weil sie entweder gar nicht wissen, wie gut die Musik ist oder sich unsicher sind, ob sie gut genug für die Außenwelt ist. Dazu habe ich bereits einen Beitrag geschrieben.
Fazit:
Die Gründe, warum man eine Zeit lang nichts oder wenig von einem Künstler oder einer Band hört, können vielfältig sein. Vom Zeitproblem, über das Fehlen von einem „Winning Team“ bis hin zur eigenen Unsicherheit des eigenen Könnens. Man braucht nicht immer gleich das Schlimmste vermuten. Manche machen nur eine kleine Kreativpause oder haben einfach viele andere Dinge zu tun. Andere brauchen womöglich einfach länger, weil es ohne Unterstützung länger dauert. Biete Dich doch an, wenn Du Bands und Künstler kennst, die offensichtlich Hilfe brauchen. Vielleicht kannst Du ja demnächst ein Teil Deiner Lieblingsmusik werden und ein „Winning Team“ mit ihnen bilden.
Bist Du Musiker und brauchst für manche Dinge selber auch sehr lange und man hört deswegen kaum etwas von Dir oder kennst Du eine Band, die Du toll findest, die aber irgendwie untergetaucht ist, dann schreib unten doch gern mal einen Kommentar. Was denkst Du, sind die Ursachen dafür, wenn man lange nichts von Musikern hört? Oder siehst Du diese „stille Phase“ als natürlichen Ausgleich? Ich bin gespannt auf Deine Meinung und freue mich, dass Du auf musifiziert.de vorbeigeschaut hast. Bis bald.