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Wie überlebt man als Künstler? – Teil 2

Fortsetzung: Ich möchte heute, nach einem weiteren Jahr der Pandemie, berichten, wie es mir als Künstlerin und freiberuflichen Musikerin in den letzten beiden Jahren ergangen ist. Vor einem Jahr habe ich den Artikel „Wie überlebt man als KünstlerIn“ veröffentlicht und einen Einblick in meine finanzielle Situation gewährt. Mit diesem Beitrag möchte ich daran anknüpfen. Jedoch will ich neben dem finanziellen Aspekt auch andere Bereiche einbeziehen. Ich – ein Exemplar einer aussterbenden Art – habe überlebt – ein weiteres Jahr! Ja! Ich bin immer noch Künstlerin! Wie ich mich durchgeschlagen habe? Das erfährst du in diesem Beitrag.

Was habe ich nicht gemacht?

Ok. Spaß beiseite! – Ist ja alles nicht zum Lachen! Jedenfalls für die meisten Freiberufler nicht mehr! Hier kommt meine Geschichte. Nein, ich habe keine neue Songwriter-Night organisiert und keine Live-Konzerte gegeben. Ich habe keine Soforthilfe und auch keine Sozialhilfe/Grundsicherung beantragt. Ich habe weder Schulden gemacht noch mir einen neuen Job gesucht, um die Vorteile des Arbeitnehmertums zu genießen. Nicht!? – Warum? Ganz einfach. Ich möchte unabhängig bleiben und bin mit meinen bisherigen Maßnahmen aus dem o. g. Beitrag gut zurechtgekommen. – Und von der Idee, Konzerte zu geben oder eine Veranstaltung zu organisieren, habe ich mich vorerst auf unbestimmte Zeit verabschiedet. Mal abgesehen von meinen persönlichen Entscheidungen bietet das Live-Geschäft ohnehin keine realistische Planungssicherheit mehr! Außerdem möchte ich keine Menschen von solchen Events ausgrenzen. Das fühlt sich einfach nicht richtig an! – Momentan allerdings lassen es die „Spielregeln“ leider nicht anders zu…

Was habe ich also gemacht?

Ich habe mein zweites Album online released und beworben. Ich konnte ein paar Musikvideos drehen, hab im Studio gearbeitet. Die Balladenfabrik wurde ins Leben gerufen. Ich war künstlerisch mit Farben und Pinsel kreativ (verkaufe meine Kunstwerke jetzt auch als Prints), habe außerdem an einem Buch gearbeitet, neue Pläne geschmiedet, gelesen und mir neues Wissen angeeignet, mir Ruhe verschafft, das Thema Persönlichkeitsentwicklung für mich erweitert. Privaten Gitarrenunterricht konnte ich teils im Präsenzunterricht oder via Skype machen. Und zu guter Letzt habe ich noch mit der Kabarettgruppe geprobt und meine letzten beiden Auftritte mit ihnen im Herbst absolviert. Nun arbeite ich unter anderem an einer neuen EP.

Not macht erfinderisch!

Man sagt, in schweren Zeiten wird man kreativer. Das trifft vielleicht nicht auf jeden Menschen zu. Bei mir hat es jedoch voll reingehauen. Und so habe ich verschiedene künstlerische Projekte in Angriff genommen. Ich habe ja oben bereits kurz einige aufgezählt. Wichtig war mir jedoch auch, dass ich mir Gedanken mache, was ich wirklich will und was nicht! Und die Pandemie hat mir in vielerlei Hinsicht schon die Augen geöffnet. Dieser Prozess hält an und ist für so manche Entscheidung verantwortlich. Zum Beispiel auch dafür, dass ich öffentlich keine (fremden) Werte vertreten möchte, die meinen nicht entsprechen. Mir liegt die Bedeutung der Dinge, die ich tue, mehr am Herzen, als Anerkennung (oder Geld) für etwas zu erhalten, was zwar „gut funktioniert“, aber mir widerstrebt. Dazu werde ich noch in einem anderen Beitrag näher drauf eingehen, denn diese Frage hängt direkt mit dem Selbstmarketing zusammen. Du wirst überrascht sein!

Wie habe ich finanziell durchgehalten?

Jetzt komme ich aber zu der Frage, die dir vielleicht eher unter den Nägeln brennt, wenn du diesen Beitrag aufgerufen hast. Wie habe ich als Künstlerin überlebt? Ich habe es genau so gemacht, wie ich vor vielen Jahren in einem Buch mit dem Titel Wie überlebe ich als Künstler? von Ina Ross gelesen habe. Neben einigen Studio-Aufträgen und den genannten zwei Auftritten (Proben wurden nicht vergütet), habe ich mich weiter dem Thema Kulturförderung, welches im Buch nämlich auch beschrieben war, gewidmet. Ich muss schon sagen, für hauptberufliche Künstler mit Wohnsitz in Deutschland und als KSK-Mitglied, gab es in der Pandemiezeit vermutlich (Spekulation!) so viele Fördermöglichkeiten wie noch nie. – Mit relativ niedrigschwelligen Vergaberichtlinien. Vielleicht habe ich sie vorher aber auch einfach nicht wahrgenommen.

Helikoptergeld?

Ob es sich bei den kulturellen Förderprogrammen um Helikoptergeld handelt, darüber könnte man wohl streiten. Fakt ist, Kulturförderungen gab es auch schon lange vor der Pandemie und auch vor der Schieflage der Wirtschaft. Man schaue sich nur den Vorspann der meisten deutschen Filme an. Dort flimmert einem bereits eine Auflistung mehrerer Förderprogramme entgegen. Das sind namhafte Filmförderungen, Medienstiftungen oder Förderfonds. Im Bereich Kunst und Musik gibt es diese allerdings auch. Was sich bei dieser finanziellen Unterstützung von Helikoptergeld im eigentlichen Sinne (welches ohne Bedingungen an alle ausgezahlt wird) unterscheidet, ist die Tatsache, dass das Geld eben nicht verschenkt wird, sondern etwas dafür getan werden muss. Ich habe mich für Kulturstipendien beworben und im Rahmen der Förderungen Leistungen erbracht, die ich per Konzept vorher beschreiben musste. Das Geld ist hierbei also an die Arbeit bzw. an ein Projekt gebunden.

Welche Förderprogramme gab es?

Auch 2021 gab es verschiedene Förderprogramme in unterschiedlichen Bundesländern. In Sachsen-Anhalt wurde so bereits zum zweiten Mal das Kulturstipendium „Kultur ans Netz“ vergeben. Von verschiedenen Verwertungsgesellschaften gab es zudem bundesweit ein Stipendium, welches durch „NEUSTART KULTUR“ finanziert wurde. Ich habe als Musikautorin zum Beispiel über die GEMA ein Arbeitsstipendium aus diesem Topf erhalten. Auch über die VG Wort oder die GVL konnte man sich dafür bewerben. – Alles projektbezogene Förderungen, um den Kulturbereich während der Pandemie zu stärken! Vielleicht ist es laut Definition also nicht direkt „Helikoptergeld“, aber der Zugang scheint mir doch etwas erleichtert zu sein. Deshalb lohnt es sich weiterhin nach solchen Möglichkeiten Ausschau zu halten.

Wo finde ich neue Förderprogramme im Musikbereich?

Ich möchte nun ein paar Anlaufstellen verlinken, die ich bei meiner Recherche gefunden habe, bei denen ich vermute, dass sie auch zukünftig Förderprogramme anbieten werden, auch wenn die dortigen Programme möglicherweise gerade beendet sind:

Initiative Musik: https://www.initiative-musik.de/foerderprogramme/kuenstler/

Musikfonds: https://www.musikfonds.de/neustart-kultur/ »Der Musikfonds e. V. beabsichtig, im Rahmen von NEUSTART KULTUR für den Zeitraum Mai bis Oktober 2022 erneut ein Stipendienprogramm umzusetzen. Eine Bewerbung ist voraussichtlich im Februar möglich.«

Staatsministerium für Kultur und Medien listet Förderungen auf: https://www.bundesregierung.de/breg-de/bundesregierung/bundeskanzleramt/staatsministerin-fuer-kultur-und-medien/kultur/kunst-kulturfoerderung/foerderbereiche/musikfoerderung/musik-318078

Deutscher Musikrat (eher für klassische Musik): https://stipendien.musikrat.de/

Kunststiftung Sachsen-Anhalt: https://www.kunststiftung-sachsen-anhalt.de/foerderung/arbeitsstipendien/

Hinweis: Diese Auflistung habe ich persönlich und im eigenen Interesse angefertigt. Ich bekomme keine Vergütung für die Nennung oder Verlinkung der Seiten.

Zukunftschancen

Ich sehe in den genannten Förderungen eine Möglichkeit für die Zukunft auch als Künstler und freiberuflicher Musiker weiter durch diese schwere Zeit zu kommen. Kombiniert mit dem Willen, sich stetig weiterzuentwickeln, sich neue Formate zu erschließen und auch der Digitalisierung eine Chance zu geben. Onlineformate werden sich vermutlich langfristig halten, wenn die Gewohnheiten der Menschen sich erst einmal dort etabliert haben. Warum also nicht etwas Neues in der Richtung aufbauen, statt nur zu hoffen, dass alles wieder wird wie früher? Ich persönlich glaube derzeit nicht, dass es ein Zurück zum „Normal“ von früher geben wird. Deshalb sehe ich mich nach neuen Chancen um. Und außerdem: Hey, wir sind schließlich kreative Menschen. Ist doch wieder eine weitere Herausforderung! Wir schaffen das! Wer, wenn nicht wir?! – Oder wie siehst du das? Schreib mir doch mal, wie du als Musiker und Künstler in dieser turbulenten Zeit zurechtkommst und welche Zukunftschancen du dir ausmalst.

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