Zum Inhalt springen

Brauche ich ein Musiklabel? Vor- und Nachteile, wenn man unabhängig bleibt

Im Jahr 2021 sind die Möglichkeiten, die eigene Musik als unabhängiger Künstler oder als unabhängige Künstlerin direkt online anzubieten und zu promoten, so einfach wie nie. Einfach im Sinne von: es ist möglich, seine Musik OHNE Musiklabel z. B. als CD zu verkaufen und auf den gängigen Onlineplattformen verfügbar zu machen. Aber auch, sich mit seiner Musik online als Künstler zu vermarkten. Wer kreativ und fleißig ist, kann da einiges schaffen. Trotzdem denken immer noch viele MusikerInnen darüber nach, bei einem Label zu unterschreiben. Worin liegen eigentlich die Vorteile, unabhängig zu bleiben und wo die Nachteile? Wo macht ein Musiklabel überhaupt Sinn? Fangen wir an…

Vorteile ohne Musiklabel – man bleibt unabhängig!

– Man hat keinen Termindruck, was neue Musik angeht.

– Man muss sich nicht zwingend für ein Genre festlegen. Du machst, worauf du Lust hast und musst nicht aktuellen Trends hinterherjagen.

– Man muss seine Einnahmen nicht mit einem Label teilen. Weder aus CD-Verkäufen, noch aus dem Merch, noch aus Konzerten…

– Man besitzt die alleinigen Rechte. Du kannst selbst bestimmen, was du damit machen willst.

– Man kann sich seine Kollabopartner aussuchen, unabhängig von wirtschaftlichen Interessen. Du kannst bspw. mit befreundeten Musikern zusammenarbeiten, wenn du Lust hast. Ein Label würde dafür eher KünstlerInnen mit besserem Bekanntheitsgrad für Features vorziehen.

– Kein Labelvertrag, keine möglichen Fallen und Hintertüren. Falls du doch einen Vertrag vorliegen hast, lass ihn vom Anwalt prüfen und stelle sicher, dass du alle Inhalte des Vertrages verstanden hast und akzeptierst.

Nachteile der Unabhängigkeit

– Man trägt das finanzielle Risiko allein. Du zahlst alles selbst, von der Homepage über Fotoshootings, Musikvideodrehs, Mix & Mastering bis hin zu GEMA-Gebühren und Kosten für CD-Pressung uvm.

– Man muss alle Entscheidungen allein treffen. – Das geht aber, sobald man in den jeweiligen Bereichen entsprechend viel weiß und Erfahrungen gesammelt hat.

– Man profitiert nicht vom Netzwerk des Labels. Kontakte und Beziehungen eines Labels können durchaus helfen, in der Branche voranzukommen. Wenn man es genau nimmt, sind sie das A und O. Oder hast du selbst ein vergleichbares Netzwerk?

– Man muss neben der Musik viel selber machen (wenn man nicht die Kohle hat, um es andere machen zu lassen) und so muss man erst einmal auch viel lernen (z.B. Promotion, Verkauf, Layouten etc.).

– Ein ungesigntes Projekt hat ggf. eine weniger professionelle Außenwirkung. (Ausnahmen bestätigen die Regel.) Und es klingt natürlich besonders toll, wenn man sagen kann, dass man einen Plattenvertrag unterschrieben hat. Früher war es DAS ZIEL aller Musiker!

– Man muss wie schon erwähnt viel Zeit, Geld und Arbeit investieren, die mit Musikmachen nichts zu tun haben, um sein Projekt voranzubringen. Das bindet auch Energie. Man kann sich somit weniger und schlechter auf die eigentliche Musik konzentrieren.

Dennoch: Ein Musiklabel ist noch keine Garantie für Erfolg!

In vielen Bereichen ist ein Vertrag mit einem Musiklabel eine wirklich nützliche Sache. Dennoch heißt es nicht, dass man neben der Musik nicht trotzdem seinen Teil auch als KünstlerIn beitragen muss. Wir sind uns sicher einig, dass jeder Musiker sich hauptsächlich um seine Musik kümmern und proben sollte. Dann muss er oder sie natürlich auch für die Promoaktivitäten zur Verfügung stehen, also bei Presseterminen anwesend sein oder auch Fotoshootings und Videodrehs machen. Darüber hinaus betreibt der moderne Künstler, egal ob unabhängig oder nicht, (zumindest einen Teil) seiner Social Media – Kanäle selbst. Alles andere wirkt „unauthentisch“ und fliegt auf kurz oder lang bei den Fans auf. Bedenken sollte man auch, dass nicht jedes Label wirklich mehr tut, als du es für dein Projekt selber tun würdest. Es gibt auch hier schwarze Schafe und Verträge ohne Mehrwert für dich.

Mehr Fokus auf das Künstlerdasein – mit Musiklabel!

Ich persönlich denke, da ich bisher immer unabhängig war und weiß, wie viel Zeit und Arbeit man in sein Projekt investieren muss bzw. sollte, dass man sich als KünstlerIn mit einem Label bestimmt mehr auf die eigentliche „Kunst“ konzentrieren kann. Das sollte jedenfalls der Idealfall sein. Es gibt dann ja andere Leute, die sich bspw. um das Layout der CD oder die nächste Marketing-Kampagne Gedanken machen und Radiostationen, Blogs, Magazine und Presse bemustern (je nach Vertragsinhalt), während du dich um deine Musik und deine Social-Media-Kanäle kümmerst. Eigentlich ein fairer Deal, denn damit ist man ja eigentlich bereits gut ausgelastet, wenn man es aktiv und regelmäßig betreibt, so wie es diese schnelllebige Branche verlangt. Wer also gar nicht so viel Zeit investieren kann oder will, für den ist ein Vertrag bei einem Musiklabel sicher eine gute Option.

Kann man davon leben?

Man muss sich darüber bewusst sein, dass ein Label dann zwar viel Arbeit abnimmt, aber auch einen großen Teil der Einnahmen behält. Du brauchst dich also im besten Fall um weniger kümmern, bekommst aber auch weniger vom Kuchen ab. Von „seiner Musik“ dann leben zu können, bleibt meiner Meinung nach eher wenigen bekannten Künstlern mit Label vorbehalten. Die meisten anderen werden weiterhin über andere Jobs und Aufträge ihr Einkommen sichern. Andersherum konnten etliche unabhängige Künstler (zumindest vor Corona) durch selbst gebuchte Touren und Konzerte sehr gut „von ihrer Musik leben“.

Positiver Nebeneffekt der Unabhängigkeit

Wer als unabhängiger Künstler oder als unabhängige Künstlerin selbst Musik produziert, veröffentlicht und vermarktet hat, wird nebenbei zum Profi in vielen weiteren Bereichen. Nicht nur in der Musik verbessert man seine Fähigkeiten, sondern man lernt auch bei jedem Projekt dazu. So wird man unter Umständen ganz beiläufig Experte z. B. für Musikrecht, Vermarktung, im Layouten oder in der Produktion von Musik und Musikvideos. Je nachdem, was du als KünstlerIn ohne Label alles für deine Karriere selber in Bewegung setzt. Wozu das gut ist? Als Experte kannst du deine Dienste dann auch anderen Künstlern anbieten und so zusätzlich mit deinem Wissen, deinen Skills und Erfahrungen Geld verdienen. – Und möglicherweise selbst ein Musiklabel gründen…

Meine Erfahrungen…

Ich bin gern unabhängige Künstlerin und mag es sehr, meine eigenen Vorstellungen umzusetzen. Das bedeutet für mich größtmöglicher Freiraum und Freiheit. Alles kann, nichts muss! Ich kenne jedoch auch die Nachteile und besonders nach einer größeren Produktion fühle ich mich mega erschöpft. Weil ich alle Aufgaben, Entscheidungen und Prozesse allein bewältigen musste, bleibt anschließend kaum Energie für die wichtigen und entscheidenden Vermarktungsmaßnahmen übrig. Man möchte ja trotzdem versuchen „mitzuhalten“. Doch man ist natürlich deutlich langsamer als unabhängiger Einzelkämpfer gegenüber Künstlern mit diversen Mitwirkenden. Auf der anderen Seite ist jede CD-Bestellung im eigenen Onlineshop wie eine herzliche Umarmung und entschädigt beinah all die Strapazen, die man dafür in Kauf genommen hat. Und sich zu vergleichen tut eh nicht gut, wichtig ist ja, dass sich dein Projekt weiterentwickelt, egal wie schnell. Denkst du auch darüber nach, bei einem Musiklabel zu unterschreiben, oder bleibst du lieber unabhängig? Schreib mir doch mal deine Erfahrungen. Bis bald auf musifiziert.de

Ein Gedanke zu „Brauche ich ein Musiklabel? Vor- und Nachteile, wenn man unabhängig bleibt“

  1. Ich habe zeitlebens darauf geachtet, sei es beruflich als Clown, Musiker, Autor und freischaffender Künstler und auch in privateren Bereichen, ausnahmslos bei mir zu bleiben. So habe ich meine Musik als Clown und Liedermacher über Vorstellungen vermarktet. In weit über 10.000 Vorstellungen im In- und Ausland. Wir haben als Familie davon gelebt, 7 Kinder damit begleitet. Sicher war das nicht nur einfach, weil es eben eine hohe Disziplin erforderte, das alles zu regeln, mit Vermarktung, Plakatdruck, Konzertmanagement, Proben, schreiben usw. Es war schon auch der Wunsch da, das alles in andere Hände zu geben, um die Zeit dann anders zu nutzen, doch gab es dort auch keine Garantie und die selbst erlangte Expertise ist ja auch ein Wert und bei sich zu sein, sowieso. Ich bin nun 68 Jahre und bleibe diesem Weg weiter verbunden, weil ich mit allen Texten und Liedern, mich offen offenbare.Da möchte ich dann auch für einstehen.
    Es fördert auch die Kreativität, sich immer wieder auf Situationen einstellen zu können.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert