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Gemeinsam auftreten ohne Probe?

Auftreten, ohne vorher gemeinsam geprobt zu haben? – Das könnten sich viele Musiker oder Bands (zumindest die, die Musik als Hobby betreiben) sicher nicht vorstellen. Und doch ist es möglich! Ich habe diese Erfahrung selber erst kürzlich gemacht und ich muss gestehen, es hat gut funktioniert. – Wenn man nicht mit dem Hang zum Perfektionismus kämpft, flexibel in seiner Darbietung ist UND jeder Musiker gut vorbereitet ist! Nur dann ist auch ein Auftritt ohne gemeinsame Probe möglich.

Gute Vorbereitung ist alles.

In meinem Fall sah es so aus, dass ich meine Songs zu einem Event in Begleitung mit einem Ensemble (Kontrabass, Geige und Cello) aufführen durfte. Da es aufgrund der räumlichen Entfernung (von über 300 km) nicht realistisch war, sich vorher zu treffen, haben wir uns getrennt voneinander auf die Songs vorbereitet. Für mich begründete sich diese Vorgehensweise zunächst als Ausnahme, die ich sonst sicher nicht freiwillig in Erwägung gezogen hätte. Doch es hat prima funktioniert. Und ich hatte Musiker an meiner Seite, die sich tatsächlich vorbereitet hatten und die meine Songs zum Auftritt kannten. Somit kann ich mir inzwischen vorstellen, auch zukünftig mal wieder auf diese Art mit anderen Musikern zusammenzuarbeiten. – Zumindest wenn es an das gemeinsame Auftreten geht und eine gemeinsame Probe nicht möglich ist.

Das Material

Ich habe den Musikern zur Vorbereitung meine Songs als MP3 aufgenommen, so wie ich sie für meinen Teil beim Auftritt spielen würde. Bei mir war es: Gesang und Gitarre. Außerdem habe ich den Musikern Leadsheets vorbereitet, also Songtexte mit Akkorden. Achtung: Weist Eure Mitmusiker am Besten noch einmal extra darauf hin, wenn Ihr bestimmte Songs auf der Gitarre mit Kapodaster spielt. Oder man schreibt direkt die endgültigen Tonarten dazu. Sollte ein Schlagzeuger oder Percussionist beteiligt sein, ist es nett, wenn man ihm die Geschwindigkeit in BPM dazuschreibt.

Digitale Datenübermittlung per Internet

Dank Internet kann man sich heutzutage sehr gut online mit Material austauschen. Nicht nur zur Vorbereitung auf einen gemeinsamen Auftritt, sondern auch bei anderen Kollaborationen. Zum Beispiel, wenn man einen Song gemeinsam produziert und sich mit den digitalen Tonspuren austauschen will. Über „Dropbox“ und „WeTransfer“ habe ich dabei jeweils gute Erfahrungen gemacht.

Kurz vor dem Auftritt

In meinem Fall habe ich die Musiker circa eine Stunde vor der Veranstaltung kennengelernt. Und so konnten wir uns noch im Backstagebereich zurückziehen, die Songs und die Harmonien durchsprechen bzw. die Stücke mal anspielen. Das war auch ganz gut, denn die Musiker hatten den Hinweis mit dem Kapodaster übersehen. – Weil ich es nicht deutlich genug gekennzeichnet hatte und die gemeinsame Probe, die diesen Irrtum aufgedeckt hätte, einfach fehlte. Doch die Musiker, Studenten und eine Studentin der Hochschule für Künste, waren sehr flexibel und änderten in Windeseile ohne Protest ihre Aufzeichnungen.

Ohne Probe, aber mit Soundcheck.

Wie man dann letztendlich gemeinsam klingt, ist eine Überraschung bis zum Schluss. Doch spätestens beim Soundcheck hatten wir die Möglichkeit, davon einen Eindruck zu bekommen und uns soundtechnisch bzw. von der Lautstärke her aneinander anzupassen. Instrumentalisten mit Effektgeräten sollten vielleicht lieber in Ruhe und vorab zu Hause ihre Einstellungen ausprobieren und gegebenenfalls zu einer Aufnahme spielen, die ein Bild vermittelt, wie man zusammen klingt. Denn für Soundtüfteleien ist dann kurz vor dem Auftritt keine Zeit mehr.

Einfachheit siegt.

Gerade wenn man nicht vorher gemeinsam spielen oder proben kann und keine Zeit bleibt, dann sollte man auf Extravaganz und Spielereien verzichten. Ausgefuchste Pause und Songendungen sind dann einfach ein Risiko. Alle potenziellen Gefahrenquellen eines Songs kann man irgendwie umgehen und einfacher gestalten. Besonders in Hektik und Aufregung passieren viele Fehler, die man durch diese Taktik ausschließen kann. Ich denke, dass es hilfreich ist, wenn man ganz gelassen und ohne Erwartungen an so einen Auftritt ran gehen kann. Dann “verpeilt” man in seiner Aufregung auch nichts und verfällt nicht dem Anspruch, perfekt sein zu müssen. Mir hat das sehr geholfen.

Blickkontakt

Eine kleine Hilfe ist auch immer noch der Blickkontakt zu den anderen Musikern. Zugegeben, als Frontfrau, konnte ich bei meinem Auftritt nur schwer über Blickkontakt mit den Musikern kommunizieren. Doch ein kleiner Seitenblick, wenn der C-Teil beginnt oder das Umdrehen zu den Musikern beim Ausklingen lassen der Songs hat doch (zumindest mir) ein sichereres Gefühl vermittelt. Aber der Blickkontakt ist ja nicht nur sinnvoll, wenn man nicht gemeinsam geprobt hat, sondern auch, wenn man sonst miteinander spielt. – Zumindest für die Instrumentalisten untereinander.

Kleine Impression

In dem folgenden Video berichte ich vor der Kamera, wie der Auftritt und meine erste Erfahrung mit einem Ensemble (statt mit Band) sich angefühlt hat. Wir spielten einige meiner eigenen Songs, die die Musiker auch erst zur Vorbereitung anlässlich dieses Auftritts kennengelernt haben. Es geht im Video also um mein persönliches Erlebnis mit dem Ensemble, als auch um die Erfahrung, ohne gemeinsame Probe aufzutreten. Ausschnitte aus dem Auftritt sind natürlich auch zu sehen und zu hören. Eine Mischung aus Musik und Interview:

Hast Du bereits ähnliche Erfahrungen gemacht? Wie denkst Du über Auftritte ohne gemeinsame Probe? Nur was für Profis oder auch für Amateure? Wie bereitest Du Dich auf einen gemeinsamen Auftritt mit anderen Musikern vor? Wie oft probt Ihr davor oder improvisiert Ihr sehr viel, wie zum Beispiel beim Jazz? Schreib es gern in die Kommentare und lass es andere wissen. Vielen Dank, dass Du wieder auf musifiziert.de vorbei geschaut hast. Bis bald.

3 Gedanken zu „Gemeinsam auftreten ohne Probe?“

  1. Hallo Sabine,

    meine Frage ist off-topic, aber bei Deinem Auftritt hast du (so schaut es zumindest aus) nur den Gesang verstärkt, und die Instrumente sind unverstärkt. Hab ich das richtig gesehen? Ich frage, weil das bei uns in der Band immer wieder diskutiert wird 🙂 Manchmal ist eine volle Verstärkung einfach “too much” (hauptsächlich vom Zeitaufwand her!) – aber ich hab keine Lust über eine Gitarre und Percussion usw drüber zu schreien… So wie ich das sehe bei deinem Video klappt das aber ganz gut, oder?
    LG Katja

    1. Hallo Katja,
      ja nur mein Gesang und die Gitarre waren verstärkt. Kontrabass, Cello und Geige waren unverstärkt. Das hat gut funktioniert. Allerdings wär es ohne eine Monitorbox für mich nur schwer gewesen. Die anderen Instrumente waren von Natur aus laut genug für die Raumgröße. Da meine Stimme sie unverstärkt auch nicht übertönt hätte, war diese Lösung einfach, schnell und unkompliziert. Allerdings kommt es sicher immer auf die Location an, ob das so machbar ist. Ich hoffe, ich konnte Dir bei Deiner Frage weiterhelfen.
      Liebe Grüße
      Sabine

  2. Kann ich alles so bestätigen.
    Ich bin der musikalische Organisator der jährlich stattfindenden “Live Stage” in Zerbst. Wenn dort wie dieses Jahr 14 Musiker in 5 verschiedenen Besetzungen Songs spielen, die vorher NIE in diesen Besetzungen geprobt werden können, muss man die Songauswahl sorgfältig betreiben, alle Stolperfallen aus den Arrangemdnts/Leadsheets streichen und dann natürlich Musiker dabei haben, die gur zuhören und flexibel reagieren können.

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