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Gesangsmelodie und passende Tonlage finden

Im letzten Beitrag >>Songtexte selber schreiben – Wie entstehen meine Songtexte?<< habe ich beschrieben, wie meine Songtexte entstehen. Dieses Mal soll es um die Gesangsmelodie beim Songwriting gehen. Ich verrate, wie ich dabei vorgehe, wenn ich aus einem Text einen Song machen will und erkläre auch, warum es wichtig ist, die geeignete Tonlage für den Gesang zu finden.

Mit musikalischer Begleitung

Bei mir entsteht ein Song eigentlich immer mit einem Instrument oder Instrumental. Oft ist es die Gitarre, die ich mir dafür nehme, manchmal setze ich mich aber auch an das Klavier oder ich habe schon ein Instrumental vorliegen und will mir dazu etwas überlegen. Die Vorgehensweise ist ab einem gewissen Punkt gleich. Ich fange zunächst ganz unspektakulär an, auf dem Instrument etwas zu improvisieren. Wenn ich also auf der Gitarre am Rumklimpern bin und passende Akkordfolgen spiele, dann inspiriert mich manchmal allein die Spielweise und die Stimmung, die dabei entsteht. Ist es ruhig gezupft, etwas verspielt oder gar rockig angeschlagen? Ich probiere mal schnellere Wechsel oder manche Akkorde doppelt so lange zu spielen oder lasse Pausen zwischendrin. Ich variiere einfach sehr viel.

Gefühl kommt von fühlen.

Meistens ergibt sich beim Ausprobieren etwas, wo ich zumindest das Gefühl habe, dass ich das vorher so vielleicht noch nicht gespielt habe. Wenn mir etwas gefällt, wiederhole ich es mehrmals und beginne oft auch schon leise vor mich hin zu summen oder probiere Textfetzen mit dieser Begleitung zu singen. Wie fühlt es sich an? An der Stelle heißt es, mutig sein, sich trauen und irgendwie abtauchen. Man bekommt mit der Zeit ein Gefühl dafür, was wie passen könnte. Das Instrument kann dabei natürlich auch eine andere Person spielen oder man lässt ein kurzes Instrumentalstück mit der Akkordfolge im Loop laufen.

Langsam an den Text anpassen.

In dieser Art Jamsession habe ich oft schon den Text vorliegen und versuche dann Taktart, Akkordwechsel und Tempo dem Text Stück für Stück anzupassen oder einfach auszuprobieren, was besser zum Text passen könnte. Dabei ist es auch okay, wenn man schon vorher einmal eine Spielweise und dieselbe Akkordfolge benutzt hat. Besser man hat am Ende etwas, was ähnlich klingt zu einem bereits existierenden Stück, als wenn man gar nichts hat. Verändern kann man später immer noch. – Also den „inneren Perfektionisten“ besser erst einmal wieder wegscheuchen.

Passende Akkorde für die Begleitung finden.

Wenn man sich nicht sicher ist, welche Akkorde zusammenpassen könnten, kann man sich mit einem Quintenzirkel oder Akkordtabellen behelfen. Oder man analysiert bereits bekannte Lieder und deren Akkordfolgen. Dabei wird man zwangsläufig feststellen, dass es tausende Songs mit den gleichen Akkorden gibt, die bspw. mit den Akkorden G – C – Em – und D begleitet werden. Na ja, spielbare Töne und Akkorde sind eben begrenzt. Theoretisch reichen für einen Song in manchen Genres schon zwei Akkorde.

Gesang intuitiv an das Gefühl anpassen.

Die Gesangsmelodie entsteht also aus einem Gefühl. Ich höre dabei das Instrument, spüre die Stimmung, schaue mir den Text an, vielleicht auch zunächst nur die erste Zeile und fühl mich da rein, so „trancemäßig“. Dann ist es oft wie ein Fallen lassen, also wie gesagt: sich trauen. Am besten man ist allein und hat seine Ruhe bei diesem Prozess. Ich singe Zeile für Zeile zu dem Gespielten und wiederhole und verändere dabei. Für mich ist es ein intuitives Vorantasten. Es geht zu hundert Prozent um das Gefühl.

Variationen ausprobieren

Was will ich mit dem Text und der Musik erzählen? Was spüre ich dabei? Hoffnung, Sehnsucht, Schwermut? Welche Bilder, welchen „Film“ habe ich dazu im Kopf? Ich packe diese Gefühle in meine Stimme und singe sie unvoreingenommen zur Akkordfolge. Manche Ideen singe ich erst leise und gehaucht. Andere wollen mit Druck entsprechend gesungen werden. Nutze ich dabei die Bruststimme oder will ich eine zarte Kopfstimme? Oder habe ich schon Gesangseffekte im Kopf, die da reinpassen? All diese Überlegungen spielen an dieser Stelle auch eine Rolle.

Welche stimmlichen Eigenschaften besitzt der Sänger oder die Sängerin, würde man sich jetzt fragen, wenn man für einen Interpreten komponiert. Wie ist überhaupt der Tonumfang der jeweiligen Stimme? Kann der oder diejenige das einfach singen, ohne sich einen abzubrechen? Ich komme später noch mal auf die geeignete Tonlage zurück.

An den eigenen Song herantasten.

Vielleicht kann sich nicht jeder vorstellen, auf diese Art einen Song zu komponieren, wenn man so viel mit Gefühl und Vorstellungskraft arbeitet. Aber bei mir funktioniert es tatsächlich so – alles über das Hören und Fühlen. Improvisation und Wiederholungen helfen dabei sehr, sich neue Ideen einzuprägen. Man kann aber auch mit dem Handy was Aufnehmen, mit einer Diktier-App oder einer Sprachnachricht an sich selbst. Oder einem Aufnahmegerät wie ich im früheren Tutorial schon mal gezeigt habe.

Statt die Melodie zu notieren, kann man sie auch aufnehmen.

Ich nehme mir jeden einzelnen Part des Textes wie beschrieben vor und halte dabei die verschiedenen Teile einfach mit dem Handy fest und höre sie mir an. Das mache ich bis ich zu jedem Part eine Melodie habe. Dabei wird hier und da schon sehr gefeilt und immer mal korrigiert. Denn manchmal singt sich eine Textphrase vielleicht schlecht, die wird dann auch mal geändert oder es wird was eingefügt oder gekürzt, damit es passt. Mit einfachen „Ohs“ oder „Ahs“ z. Bsp. kann man dann auch gut Übergänge gestalten oder die Stimme auf hohe Passagen vorbereiten. Und zum Schluss spiele ich alle Teile nacheinander in einem Guss durch und habe somit die erste vollständige Version des Songs. Die nehme ich natürlich auch gleich wieder wie beschrieben auf, um die Idee als Art Demoskizze fürs Erste zu konservieren.

Die passende Tonlage finden.

Ich will nochmal auf die Tonlage eingehen. Meistens hab ich mir schon Gedanken gemacht, was ich von meiner Stimme als Sängerin zeigen will. Da könnte man ja mal so richtig an seine Grenzen gehen. Oder? – Vielleicht! Gut ist es, vorerst im Auge zu behalten, was man auch ganz solide stimmlich erreichen kann. Zu überlegen wäre bspw.: Kann man den Song auch an Tagen singen, wo man nicht so fit ist? Wie lässt sich die Energie des Songs am besten transportieren? Lässt sich der Song später auch gut live performen und ist der Text dabei noch gut verständlich? Empfehlenswert ist, schon zu Beginn eine Tonlage zu finden, die immer gut singbar ist und bei der du auch nicht jedes Mal vor einer hohen Stelle Angst haben musst. Aber da hilft natürlich auch viel Übung.

Tonlage transponieren, wenn nötig.

Merkt man, dass die Melodie doch etwas zu hoch oder zu tief wird, sollte man die Tonlage anpassen. Auf dem Klavier ist es leider etwas aufwendiger zu transponieren. Aber die Arbeit lohnt sich, wenn man die passende Tonlage für sich gefunden hat. Wenn ich es für mich ändern will und die Gitarre als Begleitinstrument nutze, dann mache ich es mir natürlich oft leicht und nutze einen Kapodaster. (Bin eben faul!) – So, wie es für mich günstig und angenehm ist. Und damit experimentiere ich auch gern in Halbtonschritten rauf und runter. Mal singe ich den Song eins, zwei, drei oder vier Halbtöne höher oder auch mal etwas tiefer. Das Spannende ist, dass man an unterschiedlichen Tagen ja auch gesanglich anders in Form ist und mal die eine und mal die andere Tonhöhe besser passt. Irgendwann hat man dann die passende Lage gefunden.

Die Merkmale der Stimme betonen.

Oft ist es mir möglich, einen Song in verschiedenen Tonlagen zu singen, ohne Probleme. Ich verändere die Tonlage dann eigentlich nur, wenn ich das Gefühl habe, dass es einfach besser zu meiner Stimme passt und damit authentischer klingt. Ich möchte so die Merkmale meiner Stimme hervorheben, die für mich besonders sind. In meinem Fall sind das die tieferen bzw. mittleren Lagen, ich spreche ja auch in einer tendenziell tieferen Lage. Da möchte ich das Sanfte und Weiche in meiner Stimme betonen. Das bekomme ich besser hin, wenn ich die Tonlage des Songs auch entsprechend tief ansetze. Wenn man also eher dem Text lauschen will und es ein bisschen an eine „Erzählstimme“ erinnern soll, nicht zu hoch singen. Andere Stimmen können dagegen vielleicht mehr in der Höhe begeistern und interessante Facetten zeigen. Was magst du an deiner Stimme?

Ein paar ergänzende Tipps

Hier noch was zum Überlegen: Die hohen Töne der Kopfstimme lassen den Zuhörer ggf. mehr auf das Gefühl konzentrieren. Das jedenfalls empfinde ich so. Bei klassischem Operngesang in sehr hoher Lage verstehe ich jedenfalls wenig vom Text, dafür kommt da eher mal die eine oder andere Gänsehaut daher. Übrigens: Höhere und kraftvolle Töne singen sich leichter, wenn man sie nicht so lange aushalten muss. Manchmal kann es dafür helfen, den Song einfach im Tempo schneller zu machen oder die Silben nur kurz zu singen. Vielleicht ist es hilfreich, sich vorzustellen, wie das Publikum mit weniger Gesangserfahrung den Song mitsingt. Am besten fängt man auch hier so einfach wie möglich an und tastet sich dann weiter.

Fazit:

Jede Stimme ist einzigartig und da wäre es doch schön, wenn der Song auch diese Einzigartigkeit unterstreicht. Vergiss die Idee, klingen zu müssen wie … ! Deine Stimme ist ein Unikat und sollte auch so präsentiert werden. Die Stimme ist individuell, ähnlich wie körperliche Merkmale, eine große Nase, große Ohren, ein langer Hals und so weiter. Das ist von Mensch zu Mensch verschieden und anatomisch festgelegt. Man kann zwar trainieren und seinen Stimmumfang durch Gesangsunterricht auch vergrößern. Aber der erste Schritt beim Singen ist, seine Stimme lernen anzunehmen und die Besonderheiten herauszufinden, die sie einzigartig machen … und den Song dann darauf ausrichten.

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