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Erfolgsdruck und warum du dich als Gesamtkunstwerk sehen solltest

Du wirst gefragt: „Und was machst du so?“. Eigentlich möchtest du stolz sagen: „Ich bin Musiker, freiberuflich.“ – Aber da du gefühlt schon so lange nichts vollbracht hast, fühlst du dich nicht mehr wie ein richtiger Musiker. Aber was heißt denn jetzt eigentlich lange? Nur so ein paar Wochen oder doch einige Monate? Oder hast du schon nach ein paar Tagen ein schlechtest Gewissen, wenn du nicht kreativ oder produktiv bist – oder ist es eher, weil du vielleicht eine Weile nicht aufgetreten bist? Lass uns doch mal ein paar Dinge abchecken und schauen, ob du wirklich so eine Niete bist, wie du dich manchmal fühlst. Ich hoffe, ich kann dich ein bisschen auffangen und dazu motivieren, dich mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten.

Also? Was machst du so?

Egal, was du machst und wie du dich nennst: ob Musiker, Künstler, Darsteller, Autor etc. (weibliche Formen natürlich auf meinem Blog immer mit eingeschlossen), jeder von uns Kreativen kennt Phasen, in denen es ruhig ist. Sehr ruhig, verdächtig ruhig. Manchmal neigt man dazu sich rechtfertigen zu wollen und allen (sowie sich selbst) einreden und erklären zu wollen, warum es gerade „nicht geht“. Aber wozu? Um sich besser zu fühlen? Spar dir einfach die Rechtfertigungen und akzeptiere, dass es einfach dazu gehört im Kreativ-Universum. Du bist niemandem Rechenschaft schuldig. Egal, wie lange es schon dauert.

Ach, du bist nur gerade nicht so inspiriert…?

Warum und weshalb es gerade „nicht geht“ sei mal dahin gestellt. Vielleicht bist du in einer unkreativen Phase, das kommt vor. Dann mach doch mal was anderes, was dich jetzt eher interessiert. (Nee, ich meine jetzt nicht Netflix gucken…) Oder versuch vielleicht mal den Trick mit dem „White Room“. Begib dich öfter in leere/nackte Räume, z. Bsp. Badezimmer, wo einfach nichts ist, keine Reizüberflutung, nichts was ablenkt – zumindest wenn du eher überreizt bist. Fehlt es dir stattdessen an Stimulation (also falls du extrem gelangweilt bist), begib dich in lebhaftere Umgebungen, die deine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Zum Beispiel in ein Café, wo du auch Menschen einfach beobachten kannst. Die Kreativität und Inspiration kann damit ggf. angekurbelt werden. Probier es einfach aus.

Und wenn es was Ernstes ist…?

Nein, du bist nicht nur unkreativ und uninspiriert, du bist auch lustlos, antriebslos und hast keine Energie? Du fühlst dich erschöpft – vielleicht nagt zudem ein schlechtes Gewissen an dir, weil du dich zu allem Überfluss faul fühlst. All das ist möglich, wenn du in einer ernsteren Lage steckst. Tatsächlich können einem manche Krankheiten einen gewaltigen Strich durch die Rechnung machen. Ob eine Depression, andere psychische oder physische Krankheiten dahinter stecken, lass es unbedingt zeitnah abklären! Vielleicht ist es aber auch eine neue Situation wie eine Schwangerschaft, ein Umzug oder eine Trennung etc., die dein Leben gerade auf den Kopf stellt. Nimm den Druck raus, in dieser Situation etwas leisten zu müssen und kümmere dich erst um dich und dein Wohlbefinden!

Du bist ein Gesamtkunstwerk!

Wie gesagt, egal, was es ist, was dich hindert, im Moment deiner Berufung nachzugehen. Schließe Frieden mit deinem inneren Kritiker und erinnere dich mal daran, was du in der Vergangenheit schon alles gemacht, vollbracht und erreicht hast. Als gedankliche Anregung: Wie hast du angefangen? Wie hast du es bisher so weit gebracht? Was waren deine persönlichen Erfolge? Worauf bist du stolz? Was sind deine bisherigen Werke? Denk mal ausgiebig darüber nach. Und dann klammere mal alle Schaffenspausen aus, die du in deinem bisherigen Leben hattest. Also solche, die du als Zwangspausen empfindest, weil es eben „gerade nicht ging“.

Du bist die Summe deiner Kunst

Meinst du, die großen Komponisten, Autoren und Maler vergangener Epochen waren alle immer durchweg produktiv und kreativ, so ganz ununterbrochen? Die hatten auch ihre faden Momente, die ruhige Phasen, wo sie (aus welchen Gründen auch immer) nicht an ihren Werken und Zielen gearbeitet haben. Manchmal kommt das Leben einfach dazwischen, auch wenn man noch so tolle Pläne macht. Und trotzdem, jeder von ihnen wird dennoch als Komponist, Autor und Maler seiner Zeit gesehen. Nun, betrachte dich also selbst doch auch einmal als Gesamtkunstwerk, von ganz weit oben, aus einer Perspektive, die dir erlaubt, dich als Künstler im Ganzen zu erkennen. Du hast schon viel erreicht, auch wenn es in deinen Augen vielleicht nicht so riesig wirkt. Für manch andere Menschen ist das schon super beeindruckend.

Genieße doch auch die stillen Momente

Vielleicht erkennst du nun endlich, dass dein Schaffen nicht nur ein einzelnes Werk von dir ist. Sondern dass es sich über dein ganzes Leben erstreckt und du von deiner Kunst und Musik als (Lebens-)Gesamtkunstwerk ausgehen kannst. Dann braucht es auch keinen Druck mehr. Dann kannst du langsam auch anfangen, die stillen Momente und Phasen zu genießen. Sie bereichern dich auch und sorgen für die nötige Abwechslung, den Ausgleich. Hab einfach Freude an den anderen Dingen, die dir in dieser Zeit gerade wichtiger sind. Selbst wenn es jetzt nur Schlaf und Erholung sind. Wenn du dir das erlaubst, kommt die Lust, die Motivation, die Energie und die Kreativität mit einem Schwung Inspiration irgendwann von ganz allein zurück. Vielleicht nicht gleich im vollen Ausmaß, aber doch sehr zuverlässig. Warte also nicht verbissen darauf, sondern genieße einfach die Auszeit. Denn alles kann, nichts muss!

Akzeptiere das Unvermeidliche

Ach ja, und falls du jetzt meinst, dass du dir den Luxus einer Auszeit nicht gönnen kannst, weil du Verpflichtungen hast, Verträge, Abmachungen, Deadlines… etc. dann lass es mich mal vorsichtig anders formulieren: Doch kannst du! Und solltest du – besonders dann! Denn gerade, wenn du in einer solchen von Druck behafteten Lage steckst, solltest du in erster Linie darauf achten, dass es DIR gut geht. Und wenn eine Auszeit dafür nötig ist, dann nimm sie dir! Noch kannst du selbst entscheiden, wie und wann das jetzt vielleicht am besten passt. Aber irgendwann kommt man vielleicht an einem Punkt an, da ist man so ausgebrannt und durch (oder der Körper wehrt sich), dass es einfach nicht mehr gesund ist und dann kann man auch nicht mehr solche Entscheidungen treffen. Dann geht nämlich gar nichts mehr! Da wünscht man sich nur noch, man hätte sich schon eher um sich gekümmert. Also, hol dich da raus, wenn du gerade feststeckst! Es gibt immer einen Weg! Ich wünsche dir alles Gute dafür!

2 Gedanken zu „Erfolgsdruck und warum du dich als Gesamtkunstwerk sehen solltest“

  1. Woher kommt diese Idee, keine Musikerin mehr zu sein – oder Künstler in einem anderen Bereich – wenn du lange nichts mehr geschaffen hast? Einer Tischlerin oder einem Finanzbeamten würde es doch auch nicht einfallen, z.B. nach einem längerem Urlaub keine Tischlerin oder kein Finanzbeamter mehr zu sein. Das Schöpferische, das Talent ist Teil der künstlerischen Persönlichkeit, das verschwindet nicht und nutzt sich nicht ab. Sicher, ein großer Teil ist auch jahrelange Übung, das Sammeln von Erfahrungen und fortgesetztes Lernen (wie in anderen Berufen auch), aber allenfalls “rostet” das Handwerkliche an der Kunst ein, wenn es lange nicht trainiert wird. Die Fähigkeit aber, etwas zu schaffen, die bleibt. Weil sie zu dir gehört. Weil du ein Künstlerin BIST.

    1. Das ist eine gute Frage. Beantworten kann ich sie leider nicht. Ich habe das schon öfter so von Musikern gehört und auch bei mir selbst immer mal beobachtet. Dahinter steckt wohl der Irrglaube, dass man kontinuierlich erschaffen bzw. praktizieren muss, um sich so nennen zu dürfen. Und ganz schwierig wird es, wenn man es “nur” nebenberuflich oder als Hobby macht.

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